
- Diese Veranstaltung hat bereits stattgefunden.
Macht und Sichtbarkeit
5. November 2021, 13:30 - 14:15

Ort: Großer Saal
Die wiedervereinigte BRD versteht sich als offener und fairer Staat, in dem alle Bürger*innen gleich sind und sich ein großer Teil von Rassismus, Antisemitismus und Misogynie distanziert. Dennoch bricht rassistische und antisemitische Gewalt nicht erst mit den sichtbaren Anschlägen wie denen in der Keupstraße, in Hoyerswerda, in Hanau oder Halle aus, sondern sie ist alltäglich – und komplex. Gewalt tritt in impliziten Hierarchien auf, die auch die Klassenzugehörigkeit betreffen, in Zugang oder Nicht-Zugang zu bestimmten Räumen, Rechten und Versorgungsleistungen. Gleichzeitig werden betroffene Stimmen überhört und zum Schweigen gebracht, ihre Sprecher*innen unsichtbar gemacht, obwohl sie zum Teil über ein exklusives Wissen verfügen.
Daniela Dröscher, Massimo Perinelli und Emilia Roig diskutieren mit Deniz Utlu darüber, welche Mechanismen hinter der Gewalt stecken, ob sie etwas mit Bildung und gesellschaftlichem Status zu tun hat und wie man der Gewalt und der Unsichtbarmachung etwas entgegensetzen kann.
Emilia Zenzile Roig (*1983) ist Gründerin und Direktorin des Center for Intersectional Justice (CIJ) in Berlin. Sie promovierte an der Humboldt-Universität zu Berlin und an der Science Po Lyon. Emilia Roig lehrte in Deutschland, Frankreich und den USA Intersektionalität, Critical Race Theory und Postkoloniale Studien sowie Völkerrecht und Europarecht. Sie hält europaweit Keynotes und Vorträge zu den Themen Intersektionalität, Feminismus, Rassismus, Diskriminierung, Vielfalt und Inklusion und ist Autorin zahlreicher Publikationen auf Deutsch, Englisch und Französisch. Sie ist Interviewpartnerin in Sibylle Bergs Bestseller »Nerds retten die Welt« und war Mitglied der Jury des Deutschen Sachbuchpreises 2020.
Dr. Massimo Perinelli ist Historiker, lebt in Berlin und arbeitet als Referent für Migration in der Rosa-Luxemburg-Stiftung. An der Universität zu Köln hatte er zuvor viele Jahren zu Geschlechter- und Sexualitätsgeschichte sowie zu Rassismus und migrantischen Kämpfen geforscht, gelehrt und publiziert. 2009 promovierte er mit einer körperhistorischen Arbeit zum italienischen Kino des Neorealismus. Er ist langjähriges Mitglied von Kanak Attak, Mitbegründer der Kölner Initiative »Keupstraße ist überall« und hat das Tribunal »NSU-Komplex auflösen« vom Mai 2017 und November 2019 mitinitiiert. In diesem Zusammenhang hat er gemeinsam mit vielen anderen Menschen die Perspektive der Überlebenden und deren Erinnerungen zentral für die politische Bildungsarbeit zum NSU-Komplex gesetzt. Er betreibt den Podcast ManyPod, ist Autor von zahlreichen journalistischen und publizistischen Artikeln sowie Herausgeber des Buchs »Die Macht der Migration« von 2018 und zusammen mit Lydia Lierke Mitherausgeber des Sammelbands »Erinnern stören – Der Mauerfall aus migrantischer und jüdischer Perspektive« von 2020.
Daniela Dröscher, geboren 1977, wuchs in Rheinland-Pfalz auf. Nach ihrem Studium der Germanistik, Philosophie und Anglistik in Trier und London promovierte sie im Fach Medienwissenschaft an der Universität Potsdam mit einer Arbeit zur Poetologie Yoko Tawadas. Sie veröffentlichte in Zeitschriften und Anthologien. Von 2008 bis 2010 studierte sie Szenisches Schreiben bei uniT Graz. Ihren ersten Roman Die Lichter der George Psalmanazar, eine Romandoppelbiographie über Samuel Johnson und den Orientbürger George Psalmanzar, nannte Martin Halter in der FAZ eine »barocke Wunderkammer voll wunderlicher Fata, herzzerreißender Melancholie und Klugheit.« Sie ist Mitglied im PEN- Zentrum Deutschland. Daniela Dröscher lebt heute in Berlin.
Deniz Utlu, geboren 1983 in Hannover, studierte Volkswirtschaftslehre in Berlin und Paris. Von 2003 bis 2014 gab er das Kultur- und Gesellschaftsmagazin freitext heraus. Sein Debütroman, Die Ungehaltenen, erschien 2014 und wurde 2015 im Maxim Gorki Theater für die Bühne adaptiert. Von 2017 bis 2019 schrieb er für den Tagesspiegel die Kolumne Einträge ins Logbuch. Außerdem hat er Theaterstücke, Lyrik und Essays verfasst (u. a. für FAZ, SZ, Tagesspiegel und Der Freitag). Er forscht am Deutschen Institut für Menschenrechte und veranstaltet am Maxim Gorki Theater die Literaturreihe Prosa der Verhältnisse.
Jüngste Veröffentlichungen der Podiumsteilnehmer*innen:
Emilia Roig: Why We Matter. Das Ende der Unterdrückung (Aufbau Verlag)
Daniela Dröscher: Zeige deine Klasse (Hoffmann und Campe)
Fotonachweise:
Emilia Roig © Mohamed Badarne
Daniela Dröscher © Stefka Ammon
Deniz Utlu © Heike Steinweg